Die frischen Eier von freilaufenden Hühnern vom Hof Beke-Bramkamp aus Diepenau scheinen in der Stadt Minden begehrt zu sein – auch wenn sie aus dem Automaten kommen. Der landwirtschaftliche Familienbetrieb aus dem benachbarten Landkreis Nienburg, Niedersachsen, will demnächst weitere Eierautomaten in den Mindener Stadtteilen Dankersen und Minderheide aufstellen.
Neulich in Porta Westfalica unterwegs, stießen wir an der Portastraße (vor dem Toyota-Händler Ferdinand Nobbe, gegenüber Lidl) auf einen Lebensmittelstand der besonderen Art: ein Eierautomat. Fast daran „vorbeigebrettert“, weil der Aufbau an ein Wartehäuschen des städtischen Busverkehrs erinnert, weckte die rote Holzlackierung und das große Huhn im Ei mit Daumen hochunsere Aufmerksamkeit. „Freiheit schmeckt besser!“ und „100 % Freiheit für unsere Hühner!“heißt es auf den Plakaten. Dennoch verbergen sich im schmucken Häuschen nur schnöde Fächer, wie man sie von Süßigkeitenautomaten an Bahnhöfen kennt. Und Verkaufspersonal sucht man hier vergeblich.
Dass hinter dem „stummen Verkäufer“ ein gut durchdachtes Konzept steckt, erfuhren wir von Olaf Beke-Bramkamp. Zusammen mit seiner Frau Julia unterhält er einen Hühnerhof in Essern, ein Ortsteil des Fleckens Diepenau in der Samtgemeinde Uchte im niedersächsischen Landkreis Nienburg an der Weser, auf dem nach seinen Angaben rund 23.000 Tiere täglich für Nachschub sorgen, die sich auf zehn Hektar Freilaufland nach Herzenslust austoben können. Da fallen schon eine Menge Eier an – und die müssen als landwirtschaftlicher Erzeugerbetrieb ja irgendwie in Umlauf gebracht werden.
Einzelhändler versuchen bekanntlich, die Preise um jeden Cent zu drücken, um ihre eigene Spanne zu erhöhen. Also entschied sich das Ehepaar für die Direktvermarktung, und zwar auf zeitgemäße Art über Eierautomaten: Diese sind immer verfügbar, schnell zu erreichen, leicht zu bedienen und Verbraucher können rund um die Uhr Eier kaufen. Jeweils eine Packung mit 10 Eiern für 2 Eurooder zwei Packungen für 4 Euro.
Einfach die Nummer des Faches merken, Geldscheine (5 oder 10 Euro) oder Münzgeld, oder EC-Karte (1 Euro, 50, 20, 10, 5 Cent) einwerfen, Nummer des Faches über die Tastatur eingeben, Eierpackungen aus dem Fach holen und Rückgeld entnehmen. Schon ist der Kuchen am Sonntag gerettet.
Schön und gut, wird mancher Verbraucher denken und sich die Frage stellen: Aber sind die Eier aus dem Automaten auch wirklich frisch? Da kann der Landwirt beruhigen. Seitdem der Eierautomat an der Portastraße im Januar 2017 aufgestellt wurde, füllt er ihn jeden zweiten Tag, an den Wochenenden sogar Freitag, Samstag und Sonntag, persönlich auf. Und da es sich um täglich frische Eier handele, seien diese 28 Tage ohne Kühlung bzw. mit Kühlung noch 14 Tage länger haltbar, versichert Olaf Beke-Bramkamp. Von wem er den Betriebsstrom bezieht, dazu wollte er keine Angaben machen. Aber die Eier bräuchten eh keine Kühlung, ganz im Gegenteil: Ab 8 Gradschalte sich die Heizung ein.
Nun ist der Begriff „frische Eier“ ja nicht gleichbedeutend mit Freilandhaltung – also Hennen, die sich an der frischen Luft bewegen. Zu oft sah man Bilder in den Medien von Legebatterien mit Tieren, die darin kläglich verendeten. Doch hier setzt der Gesetzgeber ganz klare Grenzen: Seit 1. Januar 2010 ist es in Deutschland verboten, Hühner in konventionellen Käfigen (Legebatterien) zu halten, sondern nur noch in sogenannten Kleingruppenkäfigen. Bei der Freilandhaltung ist es noch strenger: Jede Henne aus Freilandhaltung muss einen Auslauf von mindestens vier Quadratmetern zur Verfügung haben. (Genaueres siehe Bericht der Albert Schweizer Stiftung).
Jetzt kann man nachrechnen: Beke-Bramkamp hält nach eigenen Angaben für 23.000 Tiere rund zehn Hektar, umgerechnet 100.000 Quadratmeter, Freilauffläche zur Verfügung. Somit hat jede Henne auf dem niedersächsischen Hof 4,35 Quadratmeter Auslauf. Damit hält sich der Erzeugerbetrieb genau an die EU-Norm. Nachfolgendes Bild soll das beweisen:
Zwar baten wir um aktuelle Bilder, bekamen dennoch Fotos aus den Jahren 2012 und 2013 mit der Erklärung: „Da wir keine aktuellen Bilder vom Fotografen hatten, habe ich die Bilder von 2012 genommen, unsere eigenen Bilder sind längst nicht so schön.“ Aber an den Bedingungen habe sich bis heute nichts großartig geändert, versichert er.
++ UPDATE ++ Zum Beweis übersendet Olaf Beke-Bramkamp am 10. Februar 2018 doch noch drei aktuelle Bilder vom Vortag:
Was man noch über die Tierhaltung wissen müsse, erklärt Beke-Bramkamp: „Das Wichtigste bei der Hühnerhaltung ist das Management. Je mehr wir die Tiere beobachten, desto besser sind die Hühner. Und die Tiere bekommen Beschäftigung, zum Beispiel beim Staubbad. Wir füttern Heu, Mais, CCM (Corn-Cob-Mix bzw. Korn-Spindel-Gemisch aus Maiskörnern und Maisspindel), Weizen, Picksteine. Geht’s den Tieren gut, geht es uns auch gut.“
Und das liebe Federvieh scheint ihn zu mögen, vermittelt ein weiteres Archivfoto. Ob dem wirklich so ist, konnten wir nicht nachprüfen. Auf jeden Fall lohnt sich das Geschäft mit den Eierautomaten, antwortete er. Was der Hof daran verdient, bleibe aber geheim. Die Konkurrenz schläft halt nicht.
Fakt ist: Der erste Hühnerhof, der einen Eierautomaten in der Stadt Minden aufstellte, war Familie Beke-Bramkamp aus Diepenau-Essern. Er steht seit Mitte 2015 an der Hahler Straße 152 in Bärenkämpen bei der Firma Elektro Schlötel (Google Maps)
Daneben steht seit 2016 auch ein Eierautomat am Raiffeisen-Markt in Rahden (Eisenbahnstr. 11) und einer auf dem eigenen Hof(Esserner Dorfstr. 7 in Diepenau). Mit sechs an der Zahl wird die Familie dann gut zu tun haben, ihre Eier täglich „unters Volk“ zu bringen.
Abschließend können wir uns dem plakatierten Huhn im Ei nur anschließen: „Daumen och für einen Landwirtschaftsbetrieb, der scheinbar mit viel Liebe und Aufwand insbesondere Nachtschwärmern unter den Verbrauchern einen nützlichen Dienst erweist und sich gerade die heutige schnelllebige Zeit zunutze macht, um daran zu erinnern, wie wichtig regionale Frischeprodukte geworden sind.“ Die Maschine ist hier nur Mittel zum Zweck. Also …
Artikel aus den October News